Wie Technologie und Food Startups unsere zukünftige Ernährung bestimmen

Jens Köster

 

Dabei sprechen wir hier nicht über Lieferdienste als Ausdruck der urbanen Unfähigkeit, Essen selber zu kochen und der Minimierung des Zeitaufwandes bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln. Dies sind nur simple logistische Lösungen zu Befriedigung der Großstadt Nachfrage nach Essen und Trinken.

 

Wenn 80% des weltweiten Ackerbaus immer noch zur Fleischproduktion genutzt werden und es 3,4 Mrd. Hektar Weidefläche und 0,5 Mrd. Hektar Flächen für Futtermittel gibt, dann wird bei der Prognose für 11,2 Milliarden Menschen im Jahr 2100 deutlich, welche zentrale Rolle Startups, die sich mit der Entwicklung neuer Techniken zur Nahrungsmittelproduktion beschäftigen und die wirklich neue Nahrungsmittelprodukte auf den Markt bringen, spielen können.

 

Das Ungleichgewicht in der weltweiten Ernährung

 

Startups im Bereich Food können Schlüsselunternehmen sein, die unsere zukünftige Ernährung und damit unsere zukünftige Lebensweise bestimmen. Essen und Trinken sind die zentralen sozio-kulturell geprägten Faktoren, die durch die Globalisierung zum zentralen Thema geworden sind. Das Ungleichgewicht des ständigen „mehr vom mehr“ des industrialisierten Denkens in den hoch entwickelten Ländern steht im direkten Gegensatz zu politisch instabilen und in der Landwirtschaft unterentwickelten Ländern in den weltweiten Krisengebieten. Dieses Ungleichgewicht in den Möglichkeiten des Anbaus von Nahrungsmitteln und deren Verteilung wird sozialpsychologisch den Drang des Teilhabens an den höheren Standards im Bereich Ernährung in den nächsten Jahren zwischen einzelnen Regionen verstärken.

 

Durch den Einsatz von Forschung und Technik können Food Startups in allen Bereichen der Ernährung neue Produkte und Dienstleitungen entwickeln. High-tech Bauernhöfe mit zentral gesteuerten Messsystemen, wie zum Beispiel technisch hoch entwickelten Bewässerungssystemen müssen zu einem Standard in der Landwirtschaft werden, um die Verschwendung, in diesem Falle von Wasser, zu vermeiden. Die Bauern, mit denen ich mich unterhalten habe, sind bereit für zusätzliche Technik, die Ressourcen schont und Arbeitsvorgänge erleichtert, auch mehr zu investieren. Zusätzliche Beratung und Dienstleistungen für Landwirte bei der Umrüstung der Höfe eröffnet einen neuen Markt für neue Anbieter aus dem Food- und dem Tech-Bereich.

 

Smart Farming

 

Die Kernfrage dabei ist, wie die weltweite Ernährung ermöglicht werden kann, ohne dabei Böden und Ozeane irreparabel zu schädigen. Um den Hunger und Durst in den kommenden Jahren zu stillen, kann der Weg nur über neue Technologien führen, da noch höhere Erträge pro Hektar Fläche nicht möglich sind. Smart Farming, also der Einsatz von Hochtechnologie, bei Beachtung aller für den Anbau relevanten Variablen und gleichzeitiger Ausbalancierung von Kosten und Erträgen wird der Weg in die Zukunft der weltweiten Landwirtschaft sein. Smart Farming ermöglicht zum Beispiel die Verringerung von Benzin im Traktoreneinsatz und die Verringerung von Düngemitteln durch die präzise Bearbeitung der Flächen mit Hilfe von IT Systemen, GPS Daten, Sensoren und Robotern, die im Bereich Landwirtschaft die tägliche Arbeit unterstützen.

 

Roboter in der Landwirtschaft

 

Dabei ist der Erfahrungsaustausch der Landwirte in der entsprechenden Region von großer Bedeutung. Wie kann zum Beispiel ein Robotor zukünftig Aufgaben bei der Ernte übernehmen? Auch hier sind neue Plattformlösungen gefragt, ein einfaches Chat- oder Messenger-System für den Erfahrungsaustausch reicht nicht aus. Die Landwirte benötigen Beratung- und Dienstleistungsplattformen, die Daten sammeln und den Austausch untereinander ermöglichen. Wie können Produkte in den Handel verkauft werden? Auch hierfür benötigen Landwirte Unterstützung und Sales Consulting, um die wachsende Nachfrage nach Produkten „aus der Region“ über den stationären oder virtuellen Handel befriedigen zu können. Ein weitere Chance für Startup Unternehmen, Plattformen für landwirtschaftlich orientierte Dienstleistungen zu entwickeln. 

 

Vertical Farming

 

Vertical Farms, die bei der Aufzucht von Pflanzen einen genauen Input und auch den exakten Output ermöglichen, sind ein weiteres Bespiel auf der Suche nach einer Lösung für den zukünftigen Anbau von Grundnahrungsmitteln. Diese Indoor Lösungen profitieren von der exakten, IT-basierten Steuerung des gesamten Prozesses. Die LED Technologie schafft neue Möglichkeiten, um effizient Sonnenstrahlen zu ersetzen. 

 

Fleisch aus dem Labor

 

Um die hohe Nachfrage nach Fleisch auch zukünftig stillen zu können und gleichzeitig den Wasserverbrauch und der weiteren Entwicklung bei Treibhausgasen entgegen zu wirken, forschen verschiedene Unternehmen an alternativen Wegen zur herkömmliche Aufzucht von Tieren, deren Schlachtung und Weiterverarbeitung. Fleisch, entwickelt aus Muskel Zellen im Labor, um dann einen Hamburger daraus herzustellen, ist ein Beispiel hierfür. Trotz des medial so aufmerksamkeitsstark inszenierten Bio- und Vegan-Hypes stellen die weltweiten Daten zum Fleischkonsum pro Kopf immer noch eine große Herausforderung für die Tieraufzucht dar. Auch hier ergeben sich Entwicklungsfelder für Food Startups, diese Nachfrage und alternative Produkte mit einer an den Bedürfnissen der Verbraucher orientierten Sales Strategie zu entwickeln.

 

Verfügbarkeit von Bio Rohware

 

Nach Klärung der Ansprüche der Verbraucher und der Abstimmung der Sales Strategie sollte ein Food Startup bei der Entwicklung jedes Bio-Produktes die Absicherung der Verfügbarkeit der Rohware des neuen Produktes in den Mittelpunkt der weiteren Überlegungen stellen. Ist bei steigender Nachfrage nach dem neuen Produkt die Herstellung der Inhaltsstoffe in Bio-Qualität und nach den Bio-Vorgaben überhaupt möglich? Hieran scheitern zur Zeit immer noch viele neue Produkte, da dies durch die immer noch viel zu gering verfügbaren Quantitäten von Grundnahrungsmitteln im Bio-Bereich bestimmt wird.

Der Einsatz von Technologie und ein disruptiver Gründergeist bieten im Bereich Ernährung für Startups ein großes Potential, neue Ideen zu entwickeln. Diese Ideen, in Produkte und Dienstleistungen umgesetzt, können einen Beitrag bei der Bewältigung der weltweiten Nachfrage nach Nahrungsmitteln leisten.

 

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